Familien verstehen
Neben den jungen Zielgruppen der Generationen Y und Z ist auch die Familie ein wichtiger Kundenstamm, den es zu verstehen gilt, um der Familie einen Mehrwert bei der Buchung im Reisebüro zu bieten.
Nach Hill und Kopp lässt sich der Familienbegriff folgendermaßen definieren: Eine Familie ist im engeren Sinne
- "eine auf Dauer angelegte Verbindung von Mann und Frau
- mit gemeinsamer Haushaltsführung und
- mindestens einem eigenen (oder adoptieren) Kind".[1]
Werte und Merkmale
Während bei der jüngeren Generation ohne Familie eigene Werte und Bedürfnisse im Vordergrund stehen, so treten diese in den Hintergrund, wenn die Erwachsenen mit Kindern reisen möchten.
In dem Workshop in Kooperation mit dem Hochschulverbund TRIO wurden Interviews durchgeführt, die einen Einblick in die Sichtweise der Familien geben und ihre Wünsche, Bedürfnisse und Ängste widerspiegeln.
Wünsche & Bedürfnisse
Kindergerechter Urlaub
- Kind- und altersgerechte Aktivitäten und Highlights im Hotel, z. B. Animationsprogramme und in der näheren Umgebung der Unterkunft, z. B. Wasserparks
- Familienfreundliches Reiseziel mit einer kindgerechten Umgebung, z.B. Kinderschwimmbecken oder flachabfallender Strand
- Möglichkeit, dass die Kinder mit anderen gleichaltrigen Kindern spielen können
- Ausführliche Informationen, ob Einrichtungen wie Kinderbetten, Kinderwägen oder Hochstühle zur Verfügung stehen sowie Auskunft über Verfügbarkeiten von Babynahrung oder Windeln
- Spezielle Familienzimmer und kinderfreundliche Gastronomie im Hotel
- Deutschsprachige Kinderbetreuung, damit die Kinder mit dem Personal und Betreuenden kommunizieren können
- Gute Lage des Hotels mit einer guten Verkehrsanbindung und Nähe zu wichtigen Einrichtungen, damit die Kinder nicht weit laufen müssen
Familienfreundliche Organisation
- Erlebnisse und Erfahrungen sammeln, für die im hektischen Alltag keine Zeit bleibt
- Familienfreundliche Angebote des Veranstalters oder des Hotels z.B. Kurzwanderungen, Familienyoga etc.
- Sauberes Hotel und Hotelzimmer
- Freizeitaktivitäten und Entspannungsangebote auch für Eltern
- Neben Abenteuern auch ruhige Tage zur Erholung und ein Rückzugsort, um Erholung zu finden
- Routinen sollen mit in den Urlaub genommen werden können (z.B. ruhige Atmosphäre für Mittagsschlaf der Kinder, ruhiges Zimmer)
- Informationen, ob deutschsprachige Krankenhäuser und Ärzte oder Ärztinnen zur Verfügung stehen
- Familienfreundliche Organisation: keine Nachtflüge, Flughafen in der Nähe des Wohnortes und kurze Flugdauer
- Sicherheit und Ansprechpartner, z.B. bei Flugausfällen
- Sicherheit ist besonders wichtig. Es werden weniger Individualreisen nach Baukastensystem und stattdessen mehr Pauschalreisen gefordert
- Preisgünstige Angebote bzw. Ermäßigungen speziell für Kinder
Hürden & Hindernisse
Angst und Unsicherheiten beim Reisen
- Hohe Ansprüche
- Stress vor dem Urlaub aufgrund von anhäufenden Terminen
- Unbeantwortete Fragen über Haushalt und Haustiere: Wer gießt die Blumen und wer kümmert sich um den Hund?
- Stress durch Informationsflut, z. B. in Corona-Zeiten die unterschiedlichen Einreise-/Rückreisebedingungen
- Entscheidung des Reiseziels oder der Wahl der Reiseform
- Organisationsarbeit
- Bürokratischer Aufwand
- Lange Autofahrten
- Grundverschiedene Interessen der Familienmitglieder vereinen und ein Mittelmaß finden
- Übermaß an Angeboten bei Reisen
- Zu wenig Zeit sich im Alltag ohne Stress ausführlich zu informieren
- Angst und Unsicherheiten bei Reisen in unbekanntere oder weiter entfernte Reiseziele (Krankheiten, Keime im Wasser, etc.)
- Angst, etwas Wichtiges zu vergessen, was zur Trübung der Vorfreude führen kann
Entwicklung der Prototypen
Der Design-Thinking-Ansatz erlaubt in der fünften Phase, dem Prototyping, die Konkretisierung gesammelter Ideen zu potentiellen Lösungsansätzen. Dabei soll der Prototyp physisch mithilfe von unterschiedlichen Bastelmaterialien erschaffen werden.
Die Workshop-Teilnehmenden haben ihre Prototypen in einer Ergebnispräsentation im Gründerzentrum INN.kubator in Passau den anderen Teilnehmenden sowie Experten und Expertinnen aus der regionalen Tourismusbranche vorgestellt.
Nach der Design-Thinking-Methode sollen diese Prototypen in einer Testphase untersucht und iterativ angepasst werden, sodass das potentiell beste Produkt entsteht.
Restaurantbesuch als Informationsveranstaltung und Vertriebsevent
Die Servicegebühr im Reisebüro wird hier durch die Kosten für den Restaurantbesuch ersetzt, was bedeutet, dass der Kunde die Kosten trägt. Die Buchung ist im Restaurant an ein Event voller Emotionen gekoppelt mit einer Beratung durch die Reisebüromitarbeiter. Diese Exklusivität kann nicht durch das Internet erfolgen und stellt ein Alleinstellungsmerkmal dar.
Entspannt-in-den-Urlaub-Box
- eine Auflistung wichtiger Produkte für den Drogerie-/Supermarkt
- allgemeine Artikel, die für den Urlaub benötigt werden mit Lieferung nach Hause
- Vermittlung einer Hunde-/Katzenpension oder Haussitter zum Blumen gießen
- Vermittlung eines Pflegedienstes für pflegebedürftige Angehörige
- Bestellung eines Reiseführers
- Gutschein für Fotobuch oder Fotogeschenke nach der Reise
- Versorgung am Reisetag mit einem Lunchpaket mit regionalen Produkten
- Restaurantgutschein für die ganze Familie am Urlaubsort
Vorfreude-Software
Die Software als Berater und Begleiter für die Familie bindet nicht nur diese Zielgruppe als Kundenstamm, sondern schafft Klarheit in der Komplexität bei der Reisebuchung und -organisation.
Mehr zum Thema Zielgruppen begeistern?
Wie lassen sich andere Zielgruppen begeistern? Die Erkenntnisse aus den Workshops an den Hochschulen in Heilbronn und Passau sind nun für Sie hier zu entdecken. Von anregenden Wünschen bis hin zu verrückten Ideen haben wir für Sie die Ergebnisse zusammengetragen.
Literaturverzeichnis
[1] Hill B., Paul; Kopp, Johannes: Familiensoziologie – Grundlagen und theoretische Perspektiven, 5., grundlegend überarbeitete Auflage, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2013, S.10.
[2] Kuhnt, AK., Steinbach, A. (2014). Diversität von Familie in Deutschland. In: Steinbach, A., Hennig, M., Arránz Becker, O. (eds) Familie im Fokus der Wissenschaft. Familienforschung. Springer VS, Wiesbaden. Online aufrufbar unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-658-02895-4_3.pdf, S.1