KI in der Reiseberatung

In Practice: Künstliche Intelligenz im Reisebüro

ChatGPT und Co. sind in aller Munde. Doch welche Erfahrungen machen KundInnen und BeraterInnen mit eigens für die Reiseberatung entwickelten KIs

Die KI „Superkollege®“ der Adigi GmbH antwortet auf Anfragen und versendet Reiseangebote. Das haben wir uns näher angesehen und wollten zum Einen wissen, welchen Eindruck Kundinnen und Kunden von der Beratungsqualität einer KI haben, wenn ihnen nicht bewusst ist, dass sie mit einer KI interagieren und zum Anderen, welche Erfahrungen ReiseberaterInnen machen, die diese KI bereits aktiv in Ihrem Alltag nutzen.

Um diese Fragen zu beantworten führten wir zwei Umfragen durch. Beginnen wir zunächst mit den Ergebnissen aus der KundInnenumfrage:

KI aus KundInnensicht

Durch eine Kooperation mit der Adigi GmbH konnten 351 TeilnehmerInnen für diese Studie gewonnen werden. Alle Teilnehmenden hatten in den letzten 30 Tagen (vor der Befragung) Kontakt zu Adigis Superkollegen®, was bedeutet, dass sie von der KI ausgewählte Angebote per Mail erhalten hatten. Der E-Mail Text selbst wurde ebenfalls von der KI verfasst.

Am besten wird die  Professionalität und Freundlichkeit des Kontakts bewertet: 92% der Befragten geben an, dass sie diese sehr gut oder gut fanden. Auch in den Kategorien Antwortzeit und Qualität der Angebote sind die Bewertungen sehr positiv (91% bzw. 85%). In den Kategorien Qualität der Angebote und Passgenauigkeit der Angebote erhöht sich der Anteil derer, die mal mehr und mal weniger zufrieden waren auf 11 bzw. 13%. Weitere 5% bewerten die Passgenauigkeit mit schlecht bis sehr schlecht. Trotzdem sind auch hier etwas über 80% der Befragten zufrieden.

Wie könnten oben genannt Qualitästaspekte noch verbessert werden?

Die Verbesserungswünsche der Reisebürokundinnen und -kunden richteten sich vor allem an fünf Hauptkategorien aus:

  • Angebotsgenauigkeit: einige Befragte wünschen sich, dass ihre bekannten Reisevorlieben mehr berücksichtigt und Eckdaten noch präziser eingehalten werden
  • Erreichbarkeit & persönlicher Kontakt: manchen Befragten fehlt der persönliche Kontakt, wenn nur per Mail beraten wird
  • Längere Preisgarantie: gewünscht wird eine längere Verfügbarkeit der Angebotskonditionen
  • Betreuung durch nur eine Beraterin/ einen Berater: Kundinnen und Kunden schätzen Kontinuität bei der Reisebuchung und eine/n feste/n AnsprechpartnerIn
  • Detailliertere Angebotsgestaltung: gewünscht werden mehr Informationen und ein einfacherer Zugang zu den Reiseunterlagen

Einstellung zu KI von Reisebüro-Buchenden:

75% der befragten Personen bevorzugen bei Rückfragen einen menschlichen Mitarbeiter. Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass der Mensch in diesem Bereich nicht ersetzt werden soll und dass trotz des Aufkommens von automatisierten Systemen und künstlicher Intelligenz der persönliche Kontakt zu einem menschlichen Mitarbeiter einen hohen Stellenwert einnimmt. Menschen schätzen die Möglichkeit, mit jemandem sprechen zu können, der ihre Fragen beantwortet, Probleme löst und auf ihre individuellen Bedürfnisse eingeht.

54% der Befragten fühlen sich nicht individuell beraten, wenn sie mit künstlicher Intelligenz interagieren. Oftmals merken Kunden und Kundinnen zwar nicht, dass sie mit einer KI interagieren, schätzen aber die maßgeschneiderte Beratung, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse und Präferenzen eingeht. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Fragen und Anliegen nicht angemessen beantwortet werden oder dass die Beratung unpersönlich ist, entsteht eine gewisse Frustration.

69% der Menschen haben Vertrauen in KI, während 31% größere Bedenken äußern. Bezüglich des Einsatzes von KI in Beratungssituationen hegen 33% Skepsis, während nur 4% keinerlei Probleme sehen. 

Die Mehrheit der Befragten, nämlich 87%, scheint zudem nicht überzeugt davon zu sein, dass KI ihnen ermöglicht, Angebote schneller zu erhalten. Es ist interessant festzustellen, dass lediglich eine kleine Minderheit von 13% der Befragten diese Möglichkeit in Betracht zieht. Dies deutet darauf hin, dass es noch Raum für Aufklärung gibt, um das Vertrauen in KI-gestützte Prozesse zu stärken. Dabei wäre es sinnvoll, die Vorteile und Potenziale der KI-basierten Angebotsbereitstellung hervorzuheben aber auch die Bedenken der Kundinnen und Kunden ernst zu nehmen.

Zwischenfazit zu KI-gestützter Beratung:

Hinsichtlich der Professionalität, Freundlichkeit, Antwortzeit und Qualität der Angebote schneidet die Beratung durch die KI Superkollege® sehr gut ab. Auch mit der Passgenauigkeit der Angebote ist die Mehrheit der Befragten zufrieden. Gleichzeitig ersetzt die KI-gestützte Beratung nicht den Wunsch nach persönlichem Kontakt – bleibt dieser aus, wird er häufig als fehlend wahrgenommen.

Im Gegensatz zur ausschließlichen Beratung durch KI kann die Kombination aus KI-gestützter Technologie und menschlicher Expertise im Beratungsprozess dazu beitragen, die Skepsis gegenüber KI zu mindern. Indem eine Kombination angeboten wird, kann das Beste aus beiden Welten vereint werden. Dies ermöglicht es den Kundinnen und Kunden, auf das Fachwissen von ReiseexpertInnen zurückzugreifen und gleichzeitig von den Vorteilen der KI-gestützten Analysen und Empfehlungen zu profitieren.

KI aus Reisebürosicht

In einer zweiten Studie wurden Reisebüros befragt, die Adigis Superkollegen® aktiv in ihrem Alltag nutzen oder genutzt haben. Dabei wurden 18 Tiefeninterviews geführt, folgendes sind die Ergebnisse:

Erfahrungen der Reisebüros mit der KI von Adigi:

56% der Befragten hat überwiegend gute bis ausschließlich gute Erfahrungen mit der KI gemacht. 33% haben teils gute, teils schlechte Erfahrungen gemacht. Eine deutliche Mehrheit (77,8%) empfinden die KI als Unterstützung.

Erfahrungen im Detail

Die positiven Erfahrungen der Reisebüros lassen sich in folgende Oberkategorien einordnen:

  • Arbeitserleichterung: Allem voran wird die Arbeitserleichterung als großer Benefit der KI genannt.
  • Qualität der Angebote: Auch mit der Qualität der von der KI vorgeschlagenen Angebote sind viele Reisebüros sehr zufrieden.
  • Kommunikation mit der KI: Die Kommunikation mit der KI wird ebenfalls als positiv bewertet, wobei von einigen Nutzenden angemerkt wird, dass sie sich zunächst daran gewöhnen mussten, was die KI versteht und wie sie die Anfragen formulieren müssen.
  • Nachfassmails: Das automatische Nachhaken der KI bei der Kundin bzw. dem Kunden, wenn diese/r Angebote erhalten und sich daraufhin nicht mehr gemeldet hat, wird ebenfalls sehr positiv gesehen.
  • Inspiration: Einige Büros nutzen die Vorschläge der KI als Inspirationsquelle und für ein Update ihres Hotelwissens.
  • Konfigurationsmöglichkeiten: Reisebürospezifische Anpassungsmöglichkeiten wie der favorisierte Abflughafen kommen ebenfalls gut an.

Probleme der Reisebüros:

  • Passgenauigkeit der Angebote: Die Passgenauigkeit der Angebote ist teilweise weniger gegeben. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass die KI (bislang) keine vergangenen Buchungsdaten mit einbezieht, sondern lediglich die Informationen aus der Anfragemail verwendet. Einige Reisebüros verringern das Risiko der möglichen Frustration beim Kunden bzw. der Kundin, indem sie auf ihrer Website offen kommunizieren, dass die virtuelle Beraterin noch am Lernen sei und um Nachsicht bitten, falls die Angebote einmal nicht ganz so treffsicher sein sollten, wie sonst von dem Reisebüro gewohnt.
  • Eingeschränkte Abdeckung des Portfolios: Die Angebote der KI sind bislang auf Pauschalreisen beschränkt, was laut Nutzenden ab und an zu Problemen führt.
  • Kommunikation mit der KI: Einige Reisebüros geben zudem an, Verständnisschwierigkeiten mit der KI zu haben.

Adigi gibt Reisebüros die Möglichkeit die KI offen (z.B. als Anfragebox auf der Website) oder verdeckt (z.B. als automatische Weiterleitung der Kundenanfrage) einzubinden. Büros geben unterschiedliche Gründe dafür an, warum sie sich für eine offene oder verdeckte Einbindung entschieden haben. Eine klare Tendenz zur einen oder anderen Variante über alle befragten Büros hinweg, gibt es nicht.

Gründe für eine offene Einbindung:

  • Um Irritationen entgegenzuwirken
  • Aus Transparenzgründen
  • Um Kunden, die keine Beratungsgebühr zahlen wollen, eine Alternative anzubieten

Gründe für eine verdeckte Einbindung:

  • Um die Angebote vorher prüfen zu können
  • Um den direkten Kontakt zur Kundin bzw. zum Kunden zu behalten
  • Damit nicht der Eindruck entsteht, die Reisen seien weniger maßgeschneidert

Ist KI eine Konkurrenz für BeraterInnen?

68% der Befragten geben an, die KI nicht als Konkurrenz in ihrer Position zu sehen.  Als Begründung wird unter anderem Folgendes genannt:

  • Die MitarbeiterInnen sehen die KI eher als Unterstützung für die einfachen Dinge (Standardreisen), wodurch erstere sich auf komplizierte Reisen konzentrieren können.
  • Die Überzeugung, dass Kundinnen und Kunden doch der persönliche Kontakt wichtig ist und dies auch so bleiben wird.

Befragte, welche die KI als potenzielle Gefahr für ihre Arbeitsplätze sehen (42%), geben indes folgende Begründungen an:

  • Sobald die KI auch Erfahrungsdaten und Kundendaten aus vergangenen Reisebuchungen mit einbeziehen und zusätzlich Emotionen mit hineinbringen kann, stellt sie eine Konkurrenz für Reisebüroangestellte dar.
  • Die KI ist eine direkte Konkurrenz, wenn Mitarbeitende danach bezahlt werden, wie viel Umsatz sie machen. Der Umsatz, den die KI generiert, wird nicht auf sie umgelegt, da sie damit keine Arbeit haben.

Fazit

Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Reisebüros bietet verschiedene Vorteile und eröffnet Möglichkeiten einer deutlichen Arbeitserleichterung. Zum Teil haben Büros auf kreative Weise Lösungen gefunden, um die KI inklusive ihrer Schwachstellen sinnvoll und gewinnbringend in ihre Arbeitsabläufe zu integrieren. Durch die automatisierte Analyse von Daten und die Generierung von Empfehlungen kann KI neue Ideen und Möglichkeiten aufzeigen, die zuvor möglicherweise übersehen wurden. So entsteht eine zunehmende Kooperation zwischen KI und menschlichen Beraterinnen und Beratern, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen.

Die hohe Skepsis gegenüber dem Einsatz von KI, die in beiden Studien anklingt, ist dennoch verständlich. KI-Systeme weisen Schwachstellen auf und es kommt zuweilen zu unpassenden Ergebnissen, gleichzeitig schreitet die Entwicklung sehr schnell voran, was die Befürchtung des Ersetzens einiger Arbeitsstellen befeuert. Es ist ratsam, dass Unternehmen mit ihren Mitarbeitenden geeignete Regelungen im Umgang mit KI entwickeln und transparent kommunizieren, welchen Weg sie einschlagen möchten.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Einsatz von KI nicht zwingend dazu führt, dass alle B2C-Kontakte verloren gehen. Im Gegenteil, KI kann als gutes Kommunikationstool genutzt werden und als erster Touchpoint zur Kundin bzw. zum Kunden dienen. Durch den Einsatz von Chatbots oder personalisierten Empfehlungen können Kundinnen und Kunden effizient erreicht und unterstützt werden. Dies führt zu einer deutlichen Arbeitserleichterung für die Beraterinnen und Berater und ermöglicht ihnen, sich auf komplexere Anfragen und Beratungssituationen zu konzentrieren.

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