DAS DIGITALISIERTE LADENLOKAL

Durch Digitalisierung stationäre Reisebüros erlebbar machen

Wie könnte das stationäre Reisebüro zukünftig digitalisiert erlebbar werden? Eine wichtige Frage, welche sich der Reisevertrieb stellen sollte, denn ein reiner Produktverkauf genügt nicht mehr – stattdessen ist Customer Experience DAS Stichwort. Die Mehrheit der KundInnen (oder Reisenden) suchen außergewöhnliche Erlebnisse bereits bei der Buchung. Ziel des Reisevertriebs sollte es deshalb sein, die mit dem Trend der Digitalisierung einhergehenden Wünsche und Erwartungen bei der Buchung zu (über-)treffen. Dadurch können Reisebüros besondere Kundenerlebnisse schaffen und sich in der digitalisierten Welt zukunftssicherer positionieren.

Diese Orientierungshilfe soll dabei als Impulsgeber fungieren und verschiedene Ideen und Möglichkeiten der Customer Experience aufzeigen. In welchem Rahmen diese Ideen und Möglichkeiten in Ihrem Reisebüro umsetzbar sind, muss individuell entschieden werden, denn obwohl eine stetige Anpassung an die digitalen Möglichkeiten wichtig ist, sollte die technologische Entwicklung zur Kundenkommunikation und -inspiration in Ihrem Reisebüro bedarfsorientiert stattfinden.[1] Achten Sie also stets darauf, Ihre KundInnen mit digitalen Angeboten nicht zu überfrachten.

  • Digitale Elemente im Reisebüro der Zukunft
  • Nicht-digitale Elemente im Reisebüro der Zukunft
In unserer Kundenbefragung aus dem Jahr 2022 untersuchten wir unter anderem, wie sich TouristInnen den Einsatz von Technologien im Reisevertrieb wünschen [2]. Die Grafik soll einen ersten aktuellen Überblick verschaffen - gefolgt von Details zu digitalen Elementen im stationären Reisevertrieb.



Multi-Channel-Kommunikation

Die Erreichbarkeit des Reisebüros über verschiedene Kanäle wie zum Beispiel Skype, WhatsApp, Facebook, etc. können zur Beratung genutzt werden und bieten KundInnen als auch ExpedientInnen Flexibilität in der Erreichbarkeit.[4]

Automatisierung von Kommunikationsabläufen

Das Automatisieren von einfachen Aufgaben und die Nutzung von künstlicher Intelligenz z.B. durch Chatbots im Kundenservice kann zu mehr Zeit und Freiräumen für ExpedientInnen führen.[4]

Elektronische Displays als Recherche- und Beratungshilfen

Tablets oder Informationsdisplays, interaktive Touchscreens oder Videowände bestückt mit Fotos, Filmen, interaktiven Weltkarten und aktuellen Wetterdaten können den Beratungsprozess abrunden. Mit freiem WLAN können KundInnen in den Verkaufsräumen selbst recherchieren oder über die Technologie mit BeraterInnen interagieren.[5] Zusätzlich können Sie Live Webcams in der Reiseberatung nutzen, um Ihren KundInnen die Gegebenheiten vor Ort direkt zeigen zu können und damit ihre Reiselust zu wecken. Live Webcams lassen sich beispielsweise über Smartboards oder Table Beamer darstellen.[6][7]

Digital Signage - Elektronische Displays als Informations- und Werbeplattform im Geschäft, im Schaufenster oder an Außenflächen

Bildschirme im Ladenlokal und im Schaufenster mit Werbespots, Videofilmen, (360-Grad)-Bildern oder den Öffnungszeiten, die zudem durch integrierte Touchscreens vom Kunden selbst gesteuert werden können, laden zur Interaktion während, aber auch nach Ladenöffnungszeiten ein. Gleichzeitig können dabei zusätzliche Daten erhoben werden. So können Reisebüros genau analysieren, wie viele Personen am Schaufenster verweilen, welche Anzeige am besten funktioniert und wie viele der Passanten anschließend den Laden betreten. [6][7]

Online-Terminvereinbarung

Die Implementierung einer Online-Terminvereinbarung auf der Webseite kann sowohl für KundInnen als auch für ExpedientInnen einen Mehrwert schaffen. Kunden können sich vorab auf der Seite informieren, einen Termin im stationären Reisebüro oder per Videocall vereinbaren und Ihre Reisepräferenzen und weitere gewünschte Dienstleistungen in einem Frage- und Anmeldebogen vermerken (siehe MKR-Reisen). Das Reisebüro weiß somit genau was sich KundInnen wünschen und kann sich so optimal auf den Termin vorbereiten und die Erwartungen bestmöglich erfüllen. [3][8]

No-Line-Handel

Unter No-Line-Handel wird ein durchgängiges Buchungserlebnis - online sowie offline - für die KundInnen verstanden. Es wird demnach nicht nur ein Kommunikationsmedium genutzt wie z. B. die Beratung vor Ort, sondern ein Ineinandergreifen verschiedener Komponenten, welche zu einem zusammenhängenden Informationsfluss für die KundInnen führen. Die genannte Online-Terminvereinbarung kann beispielsweise als ein Baustein davon gesehen werden. Ein weiteres Element wäre beispielsweise die Reisebuchung sowie das zur Verfügung stellen aller Reiseunterlagen über eine App. Hierzu sind allerdings weitere Tools notwendig, um einen No-Line-Handel zu ermöglichen. Die Integration von Produkten wie paxlounge oder TecOff Spider können dabei ein erster Schritt sein.[3][8]

Virtual-Reality im Reisebüro

Die Stärke dieser Technologie liegt insbesondere bei der visuellen, akustischen und räumlichen Darstellung eines Reiseziels und liefert NutzerInnen damit zusätzliche Informationen. In der Tourismusbranche mit seinen immateriellen Produkten können solche zusätzlichen Informationen von entscheidender Bedeutung sein, denn KundInnen können somit Entscheidungen treffen, die auf realistischen Erwartungen basieren.[9] Beispielsweise ist Virtual Reality für Freizeitparks aufgrund der Interaktivität eine wirksamere Werbung als Broschüren. Ebenfalls steigt bei Museen das Interesse an einem physischen Besuch, wenn zuvor ein virtueller Rundgang durchgeführt wurde. Auch für Personen mit Reiseangst kann die Einbindung eines virtuellen Rundgangs psychologische Erleichterung verschaffen.[10][11] Allerdings profitieren besonders Beherbergungsunternehmen, Destinationen und Reiseveranstalter von einem VR-Einsatz, denn VR kann eine internetbasierte Beratung von komplexen touristischen Leistungen für die EndkundInnen vereinfachen. Reisebüros müssen deshalb beachten, dass VR nicht ihre Kernkompetenz, die persönliche Beratung im Kundengespräch, substituiert, sondern als Aufwertung der Beratungsqualität genutzt wird. Die gesteigerte Beratungsqualität und der verbesserte Kundenservice durch den ausgewählten Einsatz von VR im Beratungsgespräch könnte schließlich dabei unterstützen, sich als serviceorientiertes Gegenstück zum weiterhin anonymen Internetverkauf zu positionieren.[12]

Roboter

Eine bisher eher noch futuristische Möglichkeit für den Aufbau eines digitalen Ladenlokals ist der Einsatz von Robotern. In der Reisebranche ist hierbei insbesondere „Pepper“ bekannt. Er fängt die KundInnen direkt am Reisebüroeingang ab, spricht sie an, analysiert die Reisewünsche anhand von Motiven auf seinem Bildschirm und leitet die KundInnen an eine/n „menschliche/n“ Reisebüromitarbeiter/in weiter.[3]

Hologramme

Auch Hologramme können im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz genannt werden. Es handelt sich dabei um scheinbar schwebende dreidimensionale Abbilder des Ursprungsgegenstandes wie Landschaften, Orte oder Cafés. In Reisebüros kann diese Technik demnach zur Inspiration und Überzeugung dienen. Weitergedacht könnte auch die Kommunikation zwischen ReiseberaterInnen und KundInnen via Hologramme stattfinden, indem beide Seiten über ein passendes Smartphone die Hologramme des anderen aufrufen, darüber kommunizieren und die KundInnen zusätzlich Abbilder von Orten, Landschaften, Cafés und Hotels aus der Destination als Hologramm sehen können.[13]
Zwar ziehen digitale Elemente die Aufmerksamkeit und das Interesse auf das Reisebüro und können zu einer höheren Besucherzahl der Ladenfläche führen, doch auch der weitere Aufbau und die Gestaltung der Ladenfläche mit nicht-digitalen Elementen kann entscheidend für die Aufenthaltsdauer der KundInnen sein. So wecken nicht nur virtuelle Bilder Lust auf Urlaub, sondern auch folgende nicht-digitalen Elemente wirken sich positiv auf das Reisebüro-Erlebnis aus:

  • Empfangstresen im Stil einer Hotelrezeption
  • Bequeme und auch ausgefallene Sitzmöglichkeiten, die zum Verweilen einladen, wie z.B. eine Hollywood-Schaukel, eine Beratung im Strandkorb oder in der Lounge mit Strandbar-Flair
  • Eine Reiseführerbibliothek und Kunst aus bereisten Zielen kann für Inspiration sorgen
  • Integration eines Cafés als Treffpunkt für jedermann.[4]

Good Practice Beispiele

The Q (DER Reisebüro Berlin)

Das „Reisebüro der Zukunft“ von DER in Berlin schafft mit Tablets, 360°-Virtual-Reality-Brillen, Filmen, großen Videowänden, Schaufensterdisplays mit interaktiver Steuerung und Tisch- und Bodendisplays eine riesige Inspirationsquelle.

World of TUI (Berlin)

Auch TUI bietet in seinem Flagshipstore viele Tools zur Inspirationssuche: LED-Wände, interaktive Weltkarte, Tablets und Reisebibliothek. Zudem ist eine Cafébar integriert, die zum Verweilen einlädt.

rtk reisen App

Die Reise-App der rtk bietet seinen NutzerInnen vielfältige Möglichkeiten – von der direkten Betreuung durch das gewählte Reisebüro vor, während und nach der Reise, über Push-Nachrichten zu eingetroffenen Reiseunterlagen oder Reiseänderungen bis hin zu Wissenswertes über Hotels, Shopping, Restaurants, Sehenswürdigkeiten, Wetterberichte, Check- und Kofferpacklisten und Notrufnummern.

MKR-Reisen

Die Website von MKR-Reisen verfügt über die Option online Beratungstermine zu vereinbaren, wobei bereits bei der Terminvereinbarung ausgewählt werden kann, ob ein Nah- oder Fernziel, Rundreise oder nur eine kurze Beratung gewünscht ist.

Literaturverzeichnis

[1] Müller, H., Bandi, M., Julen, C. & Pfammatter A. (2019): Zukunft des stationären Reisebüros: Entwicklungen, Trends, Zukunftsperspektiven und mögliche Strategien. CRED-Bericht Nr. 18. Bern. Online verfügbar unter https://www.cred.unibe.ch/e54587/e57624/e57628/e765484/CRED_Bericht_Nr.18_ger.pdf, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[2] CENTOURIS (2022): Customer Insights 2022: Informationsverhalten und Buchungspräferenzen der Reisenden & Implikationen für den Reisevertrieb, zuletzt geprüft am 21.04.2022.

[3] Amadeus (2017): Das Reisebüro der Zukunft. Online verfügbar unter https://amadeus.com/de/insights/blog/das-reisebuero-der-zukunft, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[4] Kofoed, A. (2021): Wie sich Reisebüros spezialisieren können, um sich zu differenzieren. Online verfügbar https://amadeus.com/de/insights/blog/wie-sich-reisebueros-differenzieren-koennen, zuletzt geprüft am 07.02.2022.

[5] Liem, M. (2019): So werden Reisebüros fit für die Zukunft. Online verfügbar unter https://www.fvw.de/touristik/vertrieb/reisevertrieb-fit-fuer-die-zukunft-202361, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[6] ReiseZukunft (o.J.): TECHNIK-GLOSSAR. Online verfügbar unter https://reisezukunft.de/technik-lab/technik-glossar/, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[7] Codecentric (o.J.): Künstliche Intelligenz. Online verfügbar https://www.codecentric.de/leistungen/kuenstliche-intelligenz, zuletzt geprüft am 07.02.2022.

[8] Demelmair, E. (2015): Von Multi-Channel bis No-Line-Commerce. Online verfügbar https://www.stadtmarketing.eu/von-multi-channel-bis-no-line-commerce/, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[9] Hille, S. (2017): VR im Reisebüro soll Urlaubsenttäuschungen verhindern. Online verfügbar unter https://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article171661963/VR-im-Reisebuero-soll-Urlaubsenttaeuschungen-verhindern.html, zuletzt geprüft am 01.02.2022.

[10] Yung, R.; Khoo-Lattimore, C. (2019): New realities: a systematic literature review on virtual reality and augmented reality in tourism research. In: Current Issues in Tourism. DOI: 10.1080/13683500.2017.1417359.

[11] Disztinger, P.; Schlögl, S.; Groth, A. (2017): Technology Acceptance of Virtual Reality for Travel Planning. In: R. Schegg and B. Stangl (eds.), Information and Communication Technologies in Tourism 2017, DOI: 10.1007/978-3-319-51168-9_19.

[12] Herstell, J. (2008): Der Einsatz von Virtual Reality in der touristischen Online-Kommunikation aus informationsökonomischer Perspektive. Online verfügbar http://publications.rwth-aachen.de/record/50016/files/Herstell_Jan.pdf, zuletzt geprüft am 18.02.2022.

[13] Amadeus (2019): Reisebegleitung per Hologramm. Online verfügbar https://amadeus.com/de/insights/blog/reisebegleitung-per-hologramm, zuletzt geprüft am 07.02.2022.